Die erste Verteidigungslinie - Die Barrieren des Körpers
Ein für die Gesundheit absolut wichtiger Faktor, welcher bei Gesundheitscoachings leider viel zu oft übersehen wird, sind intakte Barrieren. Damit sind alle Hautgewebearten (die Oberflächenhaut, die Schleimhäute) gemeint, die unseren Körper aber auch die Organe vor der Außenwelt schützen. Diese mechanischen Barrieren befinden sich also überall dort, wo wir in Kontakt mit Fremdstoffen kommen.
Die bekannteste Barriere ist sicherlich die sichtbare Oberflächenhaut. Sie schützt uns vor Verletzungen, Sonnenstrahlung (je nach Bräunungsgrad) aber auch vor dem Eindringen von Krankheitserregern.
Weniger bekannt ist, dass auch die Verdauungsorgane und hier speziell der Darm eine Trennlinie zwischen der Außen- und Innenwelt bilden. Die aufgenommene Nahrung zählt im ersten Moment zur Außenwelt und wird erst durch einen selektiven Prozess in unser Körperinneres gebracht. Was verträglich ist kommt rein, was unverträglich ist wird wieder ausgeschieden.
Verschiedenen Faktoren beeinflussen die Qualität dieser Barrieren. Nahrungsmittelinhaltsstoffe, Stress- und Giftstoffbelastungen, Medikamentenkonsum oder aber auch der eigene Lebensstil (Bewegung, Naturaufenthalte, …) sind unter anderen maßgebliche Einflussgrößen für die Gesundheit der Barrieren.
Die Grundlage
Aufgrund seiner Fläche und dem ständigen Verdauungsprozess kommt der Darmbarriere eine entscheidende Rolle zu. Sie ist mit einer Fläche von bis zu 500 m2 fast 4-mal so groß wie die Lunge und fast 250-mal so groß wie die Oberflächenhaut.
Die Darmbarriere ist dafür verantwortlich, dass die gesunden Nahrungsinhaltsstoffe in unseren Stoffwechsel aufgenommen werden und Giftstoffe, unverdauliche Substanzen und Krankheitserreger wieder über den Stuhl ausgeschieden werden. Ihre Eigenschaft ist demnach semipermeabel (teildurchlässig). Die Tight Junctions fungieren hier wie ein Türsteher und halten die Barriere dicht.
Man kann diesen Prozess wie mit einer Häuserfassade vergleichen. Benötigen wir frische Luft wird das Fenster oder die Tür geöffnet und mehr Sauerstoff kommt herein. Je nachdem wie viele Fenster und Türen offen stehen, einmal mehr und einmal weniger.
Damit dieser Austausch von Stoffen reibungslos funktioniert ist an der Darmbarriere das Immunsystem dominant präsent. Es agiert wie die Feuerwehr, Polizei und Rettung zusammen und sorgt dafür, dass Schäden umgehend repariert, Krankheitserreger neutralisiert und die Nahrungsinhaltsstoffe überwacht werden.
Je nach Energiebedarf (Sauerstoffbedarf ;-)), Mahlzeitfrequenz und Gesundheitszustand des Darms, reguliert der Körper automatisch wie viele Nahrungsinhaltsstoffe in unseren Stoffwechsel aufgenommen werden. Er funktioniert hier wie die automatisierten Prozesse bei einem Smart Home.
Das Problem
Ist die Barriere im Darm durch verschiedenste Belastungen längerfristig gestört, man spricht hier von einem Leaky-Gut (durchlässiger Darm), wird der Körper und das Immunsystem übermäßig strapaziert. Die Automatisierungsprozesse unseres Smart Homes funktionieren nicht mehr und einige Fensterscheiben und Türen sind dauerhaft kaputt.
Es kommt zu einem unkontrollierten Einstrom von Nahrungsinhaltsstoffen, was wiederum das Risiko für den Eintritt von Krankheitserregern und giftigen Substanzen erhöht. Das Immunsystem versucht zwar den Schaden so gering wie möglich zu halten, kommt aber der Aufgabe nicht mehr hinterher.
Zuerst lokal, dann aber auch systemisch (den ganzen Körper betreffend) verteilen sich diese ungewünschten Stoffe über das Blut in unserem Körper (Endotoxämie). Je länger dieser Zustand des Leaky-Gut aufrecht bestehen bleibt, umso größer ist die Belastung für die inneren Organe. Körperliche Symptome wie unreine Haut, Verdauungsprobleme, chronische Müdigkeit (chronic fatigue syndrome), etc. können einen undichten Darm als Ursache haben.
Nachdem das Immunsystem ständig über die Darm-Gehirn Achse mit unserem zentralen Nervensystem über den Gesundheitszustand im Körper kommuniziert, wirkt sich dieses Gefahrensignal zusehends auf unser Verhalten aus. Wir ziehen uns zurück, sind weniger motiviert und meiden vermehrt jeden weiteren Kontakt mit potentiellen Gefahrenquellen. Typische Anzeichen einer Sickness-Behaviour (depressive Verstimmung im Krankheitsfall).
Die Lösung
Neben zahlreichen Lösungsstrategien wie regelmäßige körperliche Aktivität, ein evolutionäres Stressmanagement und spezifische Nahrungsinhaltsstoffe ist die Art und Weise wie wir unsere Nahrung zu uns nehmen entscheidend für die Rückgewinnung einer intakten Darmbarriere.
Befinden wir uns während der Nahrungsaufnahme in guter Gesellschaft und nehmen uns für das Essen ausreichend Zeit, so schaffen wir ideale Voraussetzungen für den Verdauungsvorgang. Der Parasympathikus (entspannter Zustand) ist aktiv, die Bauchspeicheldrüse produziert die optimale Menge an Verdauungsenzyme und der Verdauungsapparat hat die nötige Energie um die Inhaltsstoffe in den Körper aufzunehmen.
Bevor wir uns also fragen was wir essen oder trinken, sollten wir uns viel mehr fragen WIE wir das WAS konsumieren. Es ist viel gesünder den Kaffee mit Freund:innen zu genießen, dabei ein angenehmes Gespräch zu führen, als den Kaffee „ToGo“ im Laufschritt zu schlürfen.
Die Nahrungsaufnahme war für den Menschen schon seit jeher eine der wichtigsten und freudvollsten Tätigkeiten. Diese evolutionäre Prägung sollte daher auch in Zukunft den nötigen Stellenwert bekommen.